Tagged: Bern, Bierglaslyrik
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Wissen Sie, mit der Kinderfrage ist das so eine Sache. In den Köpfen vieler Mitmenschen scheint fest verankert: Pärchen, verheiratet, in den Dreissigern, die müssen Kinder haben oder zumindest wollen. Dabei denken die Kinderfragesteller dummerweise auch wirklich keinen Zentimeter weiter über den engstirnig gezogenen Klischeezaun hinweg. Der Gedanke, kinderlos weil unfruchtbar, ist tief im Gehirn weggesperrt. Unabhängig davon, ob Sie nun keinen Nachwuchs wollen und überglücklich damit sind, oder Sie biologisch gesehen nicht dazu in der Lage sind und damit zu kämpfen haben, oder von der Natur einfach nicht den Segen bekommen und trotzdem ein erfülltes Leben führen- eins haben wir Kinderlose alle gemeinsam: Wir müssen uns ständig erklären. Die gute Nachricht vorweg, die Fragen und bissigen Kommentare werden weniger, mit der Zeit jedenfalls.…
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„Ich habe die erste Lebenshälfte wohl langsam hinter mir.“ Dieser Spruch liegt bei meinen fünfunddreissig in greifbarer Nähe und wirkt nicht mehr so arg befremdlich, wie noch in den Zwanzigern. Jeweils daran erinnert werde ich auch im Dezember, wenn ich meinem strikt festgelegten Ritual folge. Übers Jahr gesammelte Erinnerungsstücke verstaue ich in einer Box. Zwischen Tagebüchern, Postkarten, Bierdeckeln, Zuckertütchen, Quittungen und alten Liebesbriefen verschwindet ein weiteres gelebtes Jahr, und ich ertappe mich dieses Jahr dabei, wie ich völlig besessen in Erinnerungen schwelge. Mir wird bewusst, dass meine Box eine wahre Fundgrube an gebrochenen Herzen und Männerleichen beinhaltet. Und darum, aus gegebenem Anlass, sehe ich mich verpflichtet, eine Abrechnung zu erstellen.
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Gemeinsam lassen das Bücherbergwerk und die Bierglaslyrik das Fundgrubentum hochleben. Zu diesem Anlass lesen fünf Autorinnen und Autoren der Bierglaslyrik ihre Texte zum Thema «Fundgrube». Mehr Infos unter Bierglaslyrik oder Bücherbergwerk Monbijou.
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Neulich, Tatort Weiberabend, Sie wissen schon, schwerer Rotwein auf dem Tisch, schrilles Gekreische in der Gartenlaube, Witze über Männer, die nur Frauen zum Lachen bringen, ergo glücklich sein. Die bescheidene Mineralwassermenge zwischen dem Valpolicella drückte auf meine Blase, und ich huschte drinnen am Junior meiner Freundin vorbei. Gebannt starrte er auf die Glotze und bewunderte Shaquiri im roten Dress. Auf dem Rückweg brachte ich es nicht übers Herz, achtlos an ihm vorbeizuziehen. Er weiss, dass ich mir die Spiele der Nati gern anschaue, und so setzte ich mich zu ihm. Der Junge, eins dieser Traumkinder, um die man Gott als Eltern in seinen Gebeten anflehen sollte. Kennt „Grüezi, Danke vill Mal, Ade“, einfach grundanständig. Keins dieser AK’s, wie ich die Arschlochkinder abgekürzt beim Einkauf…
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Mein Grösi, damals das Telegramm als Novum betrachtet und das erste Kurbeltelefon mit staunenden Augen bedient. Ich habe miterlebt, wie sie am endlos scheinenden Kabel vom Wandtelefon durch die bescheidene Stube getigert ist, dabei mit ihren Finken regelmässig über das Eselsohr des Teppichs gestolpert, und immer artig das Telefongespräch mit „Bhüäti Gott!“ beendet hat. Zur endgültigen Überforderung trieb ich sie mit dem Enkelinnen-Sicherheitskauf von einem Senioren-Natel. Sie wissen schon; Tasten so gross wie eine Traube, Kurzwahlspeicher und den peinlichen „Umhängeplämpel“ für den Hals. Kaum war ich zur Tür raus, hat sie die neue Errungenschaft dem ultimativen Härtetest unterzogen. Dem netten Polizisten erklärt, dass sie den Worten ihrer Enkelin keinen Glauben schenken kann, nun aber die Gewissheit hat, die Polizei sei auch wirklich am anderen…
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Unlängst stellte ich mir die Frage, wie schlimm es nach dreiunddreissig Jahren Erdenbürgerschaft um mich bestellt ist. Bekanntlich führen ja die sieben schlechten Charaktereigenschaften gerne zum Verstoss gegen die zehn Gebote, und dies führt dann zur Todsünde. Sei es an Hochzeitsfeiern, Geburtstagspartys oder Weihnachten: Diese Festivitäten bringen doch fast immer das Beste und Schlechteste eines jeden zum Vorschein. Ich habe mir darum für meinen schonungslos aufrichtigen Selbstversuch ein sogenanntes „Bäumli-Fäscht“ ausgesucht. Während dem fast einjährigen Nachwuchs gehuldigt wird, bedanken sich dessen Eltern bei Helfern, Freunden und Verwandten mittels üppigem Buffet und reichlich Alkohol. Gleich zu Beginn der Party konnte ich brillieren. Den älteren Geschwistermädchen des Babys zwei XXL-Kreideboxen einfach so als Präsent in die Hände gedrückt und dafür ein strahlendes Lächeln geerntet, fegte ich…
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Es ist wieder soweit! Die Hochzeitssaison hat begonnen, und die Einladungskarten flattern ins Haus. Kaum noch Wünsche bleiben dabei offen. In Hochglanz kunstvoll inszeniert, mit suspekten Falttechniken verarbeitet, verspielten Dekorationselementen bestückt, wird jedes Couvert an seine Belastungsgrenze getrieben. Sie buhlen in meinem Briefkasten um Aufmerksamkeit zwischen Zeitung und Rechnung. Nicht zu vergessen die Babykarten, die regelmässig den Weg zu mir finden. Praktisch vor der stressigen Geburtsphase als Vorlage gespeichert, wofür ich selbstverständlich Verständnis aufbringe, bekomme ich den Streckbrief vom Nachwuchs geliefert. Von niedlichen Zootieren umzingelt, herausgegeben von überglücklichen Eltern, mit den Standardangaben versehen. Für mich gilt: Hauptsache alle sind gesund. Richtig aus den Wolken werde ich erst fallen, wenn ein Kind mit sechs Kilogramm und neunzig Zentimetern präsentiert wird. Vermutlich habe ich die Maschinerie…
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Neulich bei einer dieser Ü-ich-binnicht- mehr-zwanzig-Partys ist mir das kalte Kotzen gekommen. Nein, es lag garantiert nicht am üppig konsumierten Gin Tonic. Vielmehr war (der sich später herausstellende) Partyleitsatz: „What happens in Vegas, stays in Vegas“ daran schuld. Der Brüller aus Hangover mag ja leicht umsetzbar sein, liegt der Ort des Verbrechens hunderte Kilometer weit entfernt vom eigenen Revier und unterliegt einer millionenschweren Hollywood-Produktion. Dieser wird aber schnell zur Farce, wenn sogar der vierzigjährige Herr Meier aus dem Nachbarkaff unter der glänzenden Discokugel den Weibern auf die Brüste schaut. Das amüsierwillige Volk lässt sich dort grob in zwei Kategorien unterteilen: Die Suchenden und die Fündiggewordenen. Mein vierköpfiges Löwinnenrudel besteht ausschliesslich aus der zweiten Kategorie. Ausnahmsweise hatten wir uns entschlossen, für besagten Feldzug ein Mitglied…
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